Die Erfindung der ersten „richtigen“ Brille
Die Brille wie wir sie kennen ist eine recht moderne Erfindung. Erst gegen Ende des 13. Jahrhundert gelang es, erste Vorläufer der Brille zu gestalten. Dafür wurden zwei geschliffene konvexe Linsen jeweils mit einem Ring mit Stielen zusammengefasst und eine Niete miteinander verbunden. Die sogenannte Nietbrille war geboren. Zwar erleichterte dieses Brillenmodell das Sehen deutlich, war vom heutigen Tragekomfort allerdings weit entfernt. Der Grund: Sie musste mit der Hand vor die Augen gehalten werden. Dennoch bleibt das 13. Jahrhundert die Geburtsstunde der Brille. Das älteste Exemplar befindet sich im Kloster Wienhausen in Celle.
Apropos Kristall – wussten Sie, dass sich das Wort Brille vom Wort Beryll ableitet? Ihren Namen hat unser täglicher Begleiter nämlich dem Bergkristall zu verdanken, der in geschliffener Form als Glas verwendet wurde.
Weg von Faden, hin zur ersten Bügelbrille
Zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert konnten Brillen immer einfacher getragen werden. Mit Fäden oder Eisenkonstruktionen wurden sie am Kopf befestigt, um die Flexibilität der Träger zu erhöhen. Erst Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Brille mit Steg hinter den Ohren erfunden. Zwar waren die Modelle noch ziemlich schwer und hinterließen Druckstellen, der Grundpfeiler für unsere heutigen Fassungen allerdings war gelegt.
Übrigens: Der 1455 von Johannes Gutenberg erfundene Buchdruck mit beweglichen Lettern war ein Katalysator nicht nur für das Lesen, sondern auch für Brillen. Da die Bibel dank Druck leicht verfügbar war, wurden auch mehr Brillen benötigt. Damit begann die Sternstunde der Brille.
Vom Luxusgut zur Sehhilfe für alle
Einen weiteren Meilenstein in der Geschichte der Brille stellt die Sozialgesetzgebung von Reichskanzler Otto von Bismarck dar. Das im Jahr 1884 in Kraft getretene Gesetz sorgte dafür, dass jeder fehlsichtige Bürger einen Anspruch auf eine kostenlose Brille hat. Sie markierte das Ende der Brille als Luxusgut der Reichen und Adeligen, die sich bis dato als einzige Bevölkerungsschicht Brillen leisten konnten, und etablierte die „Kassenbrille“.
Und davor?
Bevor die Brille im 14. Jahrhundert erfunden wurde, mussten sich die Menschen etwas einfallen lassen, um scharf lesen zu können. Bereits in der Antike wurden grundlegende Erkenntnisse wie etwa die Lichtbrechung entdeckt, ließen sich jedoch praktisch nicht so leicht umsetzen. Im zweiten Jahrhundert nach Christus erkannten Gelehrte, dass geschliffene Gläser und mit Wasser gefüllte Kugeln eine vergrößernde Wirkung haben. Beide Errungenschaften wurden jedoch erst durch Ibn-Al-Haitam (965-1039) salonfähig. Seinen Überlegungen folgte der Lesestein aus Bergkristall, vergleichbar mit Lupen, der gerade in Klöstern Anklang fand.